Hormonbehandlung bei Kinderwunsch

Bei etwa drei bis vier von zehn Frauen ist die Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch eine Störung des Hormonhaushalts, die sich negativ auf die Reifung der Eizellen oder den Eisprung auswirkt. In solchen Fällen kann eine Hormonbehandlung den Zyklus normalisieren und eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege ermöglichen.

Bei etwa drei bis vier von zehn Frauen ist die Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch eine Störung des Hormonhaushalts, die sich negativ auf die Reifung der Eizellen oder den Eisprung auswirkt. In solchen Fällen kann eine Hormonbehandlung den Zyklus normalisieren und eine Schwangerschaft auf natürlichem Wege ermöglichen.

Eine besondere Form der Hormonbehandlung ist die hormonelle Stimulation, die häufig vor einer künstlichen Befruchtung durchgeführt wird, um die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Außerdem ist sie fester Bestandteil der In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI), bei der nach Möglichkeit mehrere Eizellen gleichzeitig befruchtet werden sollen.

Wann wird eine Hormonbehandlung bei Kinderwunsch durchgeführt?

Eine Hormonbehandlung kann bei verschiedenen Ursachen durchgeführt werden, um die Fruchtbarkeit wiederherzustellen und eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Ob eine Hormonstörung die Ursache für eine Unfruchtbarkeit ist – und falls ja – welche, wird zunächst im Rahmen einer ausführlichen Diagnose beim Arzt festgestellt. Erste Hinweise auf hormonelle Störungen liefert in vielen Fällen bereits ein unregelmäßiger, auffälliger Menstruationszyklus.

Eine mögliche Ursache für die Unfruchtbarkeit ist eine Eierstockschwäche (primäre Ovarialinsuffizienz). Bei dieser Störung bildet der Körper der Frau zwar in normalem Maße das Follikel-stimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH) als „Taktgeber“ aus der Hirnanhangdrüse, um die Reifung einer Eizelle im Eierstock anzuregen. Der Eierstock ist aufgrund von Fehlbildungen (oder Funktionsstörungen) aber nicht in der Lage, eine Eizelle heranreifen zu lassen.

Auch die Überproduktion von Prolaktin (Hyperprolaktinämie) kann die Fruchtbarkeit der Frau einschränken. Dieses Hormon regt normalerweise nach der Geburt eines Kindes die Milchproduktion der Mutter an und unterdrückt gleichzeitig ihren Eisprung. Liegt aber eine zu hohe Konzentration an Prolaktin bei nicht schwangeren Frauen vor, kann dies zu einer eingeschränkten Funktion der Eierstöcke führen und die Fruchtbarkeit entscheidend vermindern. Mögliche Ursachen für die Überproduktion von Prolaktin sind Funktionsstörungen der Schilddrüse, die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder ein Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse).

Für die Bildung von Östrogenen, den wichtigsten weiblichen Hormonen, benötigt der weibliche Körper auch männliche Hormone, die sogenannten Androgene, wie beispielsweise Testosteron oder DHEA-S, die in den Eierstöcken, den Nebennieren und im Fettgewebe gebildet werden. Ist die Konzentration an männlichen Hormonen allerdings zu hoch, können sie die Funktion der Eierstöcke beeinträchtigen. Eine weitere mögliche Ursache von unerfülltem Kinderwunsch sind Zysten in den Eierstöcken, die ebenfalls den weiblichen Zyklus stören können. Ärzte sprechen vom Polyzystischen Ovarialsyndrom (PCO).

In all diesen Fällen ist das grundsätzliche Ziel einer Hormonbehandlung, den Hormonhaushalt der Frau zu verbessern beziehungsweise die Reifung der Eibläschen zu überwachen und den Eisprung gezielt auszulösen.

Welche Medikamente werden bei einer Hormonbehandlung gegeben?

Welche Medikamente bei einer Hormonbehandlung eingesetzt werden, hängt immer von der Art der Störung, ihrem Ausmaß und dem Zeitpunkt ab, an dem der Menstruationszyklus gestört ist. Daher ist eine vorherige Diagnose sehr wichtig, um die Behandlung genau auf das Problem abzustimmen und eine entsprechende individuelle Therapie durchführen zu können. Grundsätzlich wird eine Hormonbehandlung immer so gering wie möglich dosiert, um mögliche Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Übelkeit oder Schwindel zu vermeiden.

Bei einer Eierstockschwäche ist es zunächst wichtig zu klären, ob noch genügend entwicklungsfähige Vorstufen von Eizellen in den Eierstöcken vorhanden sind. Dies lässt sich mithilfe einer Gewebeprobe (Biopsie) feststellen, aber auch das Anti-Müller-Hormon (AH) gibt bereits Aufschluss über die Reserve an Eibläschen im Eierstock.

Sind ausreichend Eizellen-Vorstufen vorhanden, können bestimmte Hormone, wie das Gonadotropin-freisetzende Hormon (GnRH) oder das Follikel-stimulierende Hormon (FSH), die Eierstock-Funktion möglicherweise wiederherstellen. Der Eisprung wird anschließend häufig mit dem humanen Choriongonadotropin (hCG) ausgelöst.

Wenn der Körper der Frau aufgrund einer Schilddrüsen-Funktionsstörung zu viel Prolaktin bildet, sollte zunächst diese Grunderkrankung behandelt werden. Lässt sich allerdings keine organische Ursache der Hormonstörung finden, können Medikamente, die sogenannten Dopamin-Agonisten, helfen, die Prolaktin-Produktion zu hemmen und wieder einen regelmäßigen Zyklus mit Eisprung zu ermöglichen.

Eine erhöhte Konzentration männlicher Hormone im weiblichen Blut kann auch Ausdruck eines gestörten Zuckerstoffwechsels sein. Dieser wird durch einen Zuckerbelastungstest festgestellt und im entsprechenden Fall mit Blutzucker-senkenden Medikamenten (Antidiabetika, Metformin) behandelt.

Besteht eine Unfruchtbarkeit aufgrund einer zu hohen Konzentration an männlichen Hormonen ohne einen gestörten Blutzuckerspiegel, kommen Medikamente, meist Clomifen, zum Einsatz, um die Bildung der Hormone und deren Wirkung auf den weiblichen Zyklus zu verringern.

Wie wird eine hormonelle Stimulation durchgeführt?

Bei einer hormonellen Stimulation handelt es sich um eine Hormonbehandlung, bei der durch die Gabe hochkonzentrierter Hormone die Reifung der Eizellen in den Eierstöcken angeregt werden soll, sodass mehrere Eizellen gleichzeitig reif werden. Dabei verwenden Ärzte sogenannte Gonadotropine, die der Körper auch im natürlichen Zyklus bildet. Grundsätzlich reicht eine einzige Eizelle, damit eine Schwangerschaft entsteht. Allerdings erhöht sich die Chance auf eine Schwangerschaft deutlich, wenn mehrere reife Eizellen gleichzeitig vorliegen.

  1. Gabe von Hormonen:

    Eine hormonelle Stimulation beginnt meist am dritten Zyklustag, das heißt am dritten Tag nach dem Beginn der Regelblutung. Ab diesem Tag wird täglich einmal eine bestimmte Menge an Hormonen gespritzt. Dabei kann entweder ein Kombinationspräparat aus LH und FSH oder nur ein hoch gereinigtes FSH eingesetzt werden. Die Spritzen werden unter die Haut – meist in die Bauchdecke oder den Oberschenkel – verabreicht, sodass die Frau oder ihr Partner dies selbst durchführen kann und kein täglicher Arztbesuch notwendig ist. Die exakte Durchführung der Injektion wird vorab in der Kinderwunschklinik genau erklärt.
  2. Kontrolle der Stimulation:

    Etwa ab dem achten Zyklustag erfolgen regelmäßig Ultraschall-Untersuchungen und Hormon-Bestimmungen im Blut. Auf diese Weise kann der Arzt die Eizellreifung kontrollieren und feststellen, wie viele Eibläschen (Follikel) sich gebildet haben und wie groß diese sind. Je nach Größe und Menge kann er bei den weiteren Spritzen die Dosis der Hormone anpassen.
  3. Auslösung des Eisprungs:

    Sobald die Follikel die erwünschte Größe erreicht haben, wird der Eisprung mit einem weiteren Hormon, dem humanen Choriongonadotropin (hCG), in Spritzenform ausgelöst.
  4. Befruchtung:

    Kurz darauf, bis spätestens 36 Stunden danach, ist eine Befruchtung am wahrscheinlichsten. In dieser Zeit sollte die Frau deshalb Geschlechtsverkehr haben oder es wird eine Insemination durchgeführt. Wird die hormonelle Stimulation im Rahmen einer IVF oder ICSI vorgenommen, entnimmt der Arzt die gereiften Eizellen während eines kurzen Eingriffs. Diese werden anschließend außerhalb des Körpers „in vitro“ befruchtet, bevor der Arzt sie wieder in die Gebärmutter zurück einsetzt.
  5. Unterstützung der Einnistung:

    Um die dem Eisprung folgende Gelbkörper-Phase zu unterstützen, wird nach der Befruchtung das Gelbkörper-Hormon Progesteron verabreicht. Dies verhindert eine sogenannte Gelbkörper-Schwäche und unterstützt die Einnistung der Eizelle in die Gebärmutter-Schleimhaut.

In manchen Fällen werden vor der eigentlichen hormonellen Stimulation bereits im Vorzyklus die körpereigenen Hormone mit sogenannten GnRH-Agonisten gedrosselt. Auf diese Weise lassen sich die anschließende Eizellreifung und der Zeitpunkt des Eisprungs im Folgezyklus besser steuern.

Welche Risiken gibt es bei einer hormonellen Stimulation?

Eine hormonelle Stimulation ist immer ein Eingriff in den natürlichen Hormonhaushalt der Frau, der gewisse Risiken mit sich bringt. Mögliche Nebenwirkungen der Hormonbehandlung sind Hitzewallungen, Schwindel oder Sehstörungen. In seltenen Fällen kommt es zu einer Überreaktion des Körpers auf die Hormonbehandlung, bei der die Eierstöcke sehr viele und sehr große Eibläschen bilden oder sich vergrößern. Mediziner bezeichnen dies als ovarielles Überstimulationssyndrom (OHSS). Wird der Eisprung dann ausgelöst und kommt es anschließend zum Geschlechtsverkehr oder zu einer Insemination, ist das Risiko für höhergradige Mehrlingsschwangerschaften mit Drillingen, Vierlingen oder sogar noch mehr Föten erhöht. Ärzte raten deshalb von einer Befruchtung ab, wenn ein OHSS vorliegt.

Außerdem kann das OHSS einen aufgeblähten Bauch, Schmerzen, Übelkeit und Atemnot verursachen. Auch Störungen der Blutgerinnung sind möglich. Bei starken Beschwerden kann eine Behandlung im Krankenhaus notwendig sein. Daher ist bei einer hormonellen Stimulation immer eine ärztliche Begleitung und engmaschige Kontrolle der Hormonwerte im Blut und der Eizellreifung wichtig. So lässt sich das Risiko für eine OHSS stark vermindern, allerdings nicht komplett ausschließen.

Hormonbehandlung bei Männern

Nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern kann eine Hormonbehandlung durchgeführt werden. Dies ist beispielsweise bei einer Unterfunktion der männlichen Keimdrüsen, also der Hoden, der Fall (Hypogonadotroper Hypogonadismus). In diesen Fällen erhält der Mann Gonadotropine, um seine Fruchtbarkeit zu erhöhen.
Weitere Informationen

Autor: Dipl.-Biol. Tanja Rojewski, medproduction GmbH Köln
Medizinische Qualitätssicherung: Annette Mittmann, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
Datum: September 2016
Quellen:
Breckwoldt M et al.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2011
Berufsverband der Frauenärzte e. V.: www.frauenaerzte-im-netz.de (Abruf: 09/2016)
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Sehnsucht nach einem Kind: Möglichkeiten und Grenzen der Medizin, Köln 2012
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): www.familienplanung.de (Abruf: 09/2016)
Robert Koch-Institut: Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 20: Ungewollte Kinderlosigkeit. Berlin 2004
National Institute for Health and Care Excellence. NICE Guideline: Fertility problems: assessment and treatment (Stand: 20. Februar 2013)