Borderline-Störung

Ursachen: Was sind die Ursachen einer Borderline-Störung?

Die Borderline-Störung wird auch als emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus bezeichnet. Sie entwickelt sich vermutlich aus einer Kombination von genetischer Veranlagung und psychosozialen Faktoren in der Kindheit und Jugend. Dazu können zum Beispiel körperliche Misshandlung, sexueller Missbrauch, starke Vernachlässigung aber auch eine extrem strenge Erziehung gehören. Der genaue Zusammenhang zwischen traumatischen Erfahrungen in der Kindheit und der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist allerdings noch nicht endgültig geklärt.

Schätzungsweise bis zu 2 Prozent der Allgemeinbevölkerung leiden unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung; Frauen und Männer sind gleichhäufig betroffen, wobei Frauen den überwiegenden Teil der Patienten ausmachen, die eine psychotherapeutische Behandlung suchen. Männer hingegen fallen häufiger wegen ihres aggressiven Verhaltens auf.

Beschwerden: Wie äußert sich die Borderline-Störung?

Menschen, die an einer Borderline-Störung leiden, sind emotional sehr labil. Es gelingt ihnen nicht, ein normales emotionales Verhältnis zu anderen und zu sich selbst aufzubauen. Sie denken in Schwarz-Weiß-Mustern und beurteilen zum Beispiel eine Bezugsperson in einem Moment extrem positiv, was kurze Zeit später ins Gegenteil umschlagen kann. Zum Teil existieren diese Sichtweisen sogar parallel. Dementsprechend können Betroffene der Borderline-Persönlichkeitsstörung Situationen und Beziehungen kaum beurteilen und verarbeiten. Daraus entstehen Spannungszustände, die sie nicht zuordnen können, starke Stimmungsschwankungen, ein häufig aggressives Verhalten und große Selbstzweifel. Das Verhältnis zu nahe stehenden Menschen ist geprägt von der Angst, verlassen zu werden. Aus dieser Abhängigkeit kann sich ein regelrechter Hass auf die Bezugsperson entwickeln.

Die Symptome der Borderline-Störung können sich bei Stress verstärken bis zu paranoiden Vorstellungen, Depressionen, Kontrollverlust und dem Gefühl, neben sich zu stehen. In etwa 80 Prozent der Fälle verletzen die Betroffenen sich absichtlich selbst oder gehen hohe Risiken ein, zum Beispiel das Balancieren auf Hochhaus-Dächern. Hinzu kommt häufig ein indirekt selbst verletzendes Verhalten wie Drogensucht oder Essstörungen. Mit diesem Verhalten bestrafen „Borderliner“ sich bei Schuldgefühlen, sie versuchen auf diese Weise aber auch, Spannungen abzubauen oder sich selbst besser zu spüren. Suizidversuche sind ebenfalls ein häufiges Symptom der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Extreme Symptome treten in erster Linie im Zusammenhang mit sehr emotionalen Situationen oder nahe stehenden Menschen auf. Sie können bei der Borderline-Störung mehrere Stunden oder auch Tage anhalten.

Diagnose: Wie wird eine Borderline-Persönlichkeitsstörung diagnostiziert?

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung wird meist bei Jugendlichen oder jungen Erwachsenen festgestellt. Für die Diagnose hat die American Psychiatric Association (APA) neun Kriterien erarbeitet. Mindestens fünf davon müssen zutreffen, um von einer Borderline-Störung auszugehen:

  1. Unangemessene Wutausbrüche, die der Betroffene schwer kontrollieren kann
  2. Emotionale Schwankungen (affektive Instabilität), die bei Borderline-Patienten durch sehr ausgeprägte Reaktionen auf Stimmungen oder Situationen entstehen, etwa Depressionen oder Angst. Diese Verstimmungen halten meistens einige Stunden, mitunter auch Tage, an.
  3. Chronisches Gefühl der inneren Leere
  4. Verzweifelte Versuche, tatsächliches oder angenommenes Verlassenwerden zu vermeiden
  5. Muster von instabilen und intensiven Beziehungen der Borderliner zu anderen Menschen, wobei die Beziehungen durch einen Wechsel zwischen Idealisierung und Abwertung schwanken
  6. Störung der Identität, also instabile Selbstwahrnehmung
  7. Vorübergehende paranoide Vorstellungen oder Wahrnehmungsstörungen (dissoziative Symptome)
  8. Impulsives Verhaltes bei mindestens zwei potenziell selbst schädigenden Handlungen, etwa Drogensucht, Essstörungen, rücksichtsloses Fahren, extremes Geldausgeben
  9. Selbstverletzungen, Suizidversuche oder das Androhen eines Suizids von Borderline-Betroffenen

Anhand spezieller Fragenkataloge/Interviews kann der Arzt herausfinden, ob der Patient die Kriterien einer Borderline-Störung erfüllt und wenn ja, wie stark diese ausgeprägt ist.

Behandlung: Wie kann die Borderline-Störung behandelt werden?

Die Behandlung einer Borderline-Persönlichkeitsstörung stützt sich in erster Linie auf Gesprächs- und Verhaltenstherapien. Empfohlen wird eine teilstationäre Behandlung, zum Beispiel in Tageskliniken oder Übergangswohneinrichtungen. Außerdem hat es sich durch die hohe Zahl an Symptomen bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung als effizient erwiesen, verschiedene Therapie-Modelle zu kombinieren: Einzeltherapie, Gruppentherapie, Pharmakotherapie und Telefonberatung zur Krisenintervention. Grundsätzlich legt der Therapeut dafür zunächst eine Hierarchie der Ziele fest, die beim Abbau eines eventuellen Suizid-Wunsches beginnt.

Ein wirksames Medikament gegen die Borderline-Persönlichkeitsstörung gibt es derzeit nicht. Dennoch werden in der Behandlung Präparate zur Unterstützung herangezogen, die sich auf Teilaspekte der Krankheit beziehen. Dazu gehören zum Beispiel selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) gegen Depressionen oder die so genannten atypischen Neuroleptika, die normalerweise zur Behandlung von Psychosen eingesetzt werden und die Stimmung der Borderline-Patienten regulieren sollen.

Prognose: Wie ist die Prognose der Borderline-Persönlichkeitsstörung?

Über den Langzeitverlauf der Borderline-Störung gibt es keine gesicherten Daten. Einige der Betroffenen begehen einen Suizid, dennoch gilt die Prognose bei angemessener Behandlung als durchaus günstig. Untersuchungen zeigen, dass sechs Jahre nach Diagnosestellung nur noch etwa 33 Prozent der Patienten die BPS-Kriterien zeigen. Allerdings weisen diese Daten lediglich nach, dass sich einige Symptome verbessert haben, und sagen nichts darüber aus, wie stark andere Symptome weiterhin bestehen. Aktuelle Langzeitstudien zur Entwicklung der Borderline-Persönlichkeitsstörung liegen nicht vor. Die Symptome nehmen jedoch häufig im Laufe der Jahre ab, und die Lebenssituation stabilisiert sich.

Vorbeugung: Wie kann man einer Borderline-Störung vorbeugen?

Da die Borderline-Persönlichkeitsstörung vermutlich aus einer Kombination von genetischen und psychosozialen Einflüssen in der Kindheit entsteht, ist es nicht möglich, der Erkrankung selbst vorzubeugen. Prävention kann lediglich indirekt durch erfolgreiche Jugend- und Sozialarbeit stattfinden.

Weitere Informationen

Web-Tipps:
Borderline-Plattform: www.borderline-plattform.de
Borderline-Netzwerk e.V.: www.borderline-netzwerk.info/index1.htm
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Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2017
Quellen:
Bohus, M. et al.: Psychopathologie und Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 103, Ausgabe 49, A-3345 / B-2912 / C-2793
Gleixner, C. et al.: Neurologie und Psychiatrie. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2015
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM) et al.: Persönlichkeitsstörungen. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 038/015 (Stand: 05/2008)
Pschyrembel: Psychiatrie. Klinische Psychologie. Psychotherapie. De Gruyter, Berlin 2017