Gehirnerschütterung (Commotio cerebri)

Ursachen: Was sind die Ursachen einer Gehirnerschütterung?

Eine Gehirnerschütterung ist eine leichte Schädel-Hirn-Verletzung, die auch als Commotio cerebri bezeichnet wird. Diese Kopfverletzung wird durch eine plötzliche und stumpfe Gewalteinwirkung hervorgerufen und ist meist das Resultat von Unfällen, wie zum Beispiel einem Sturz vom Fahrrad oder einem Schlag gegen den Kopf beim Sport.

Mediziner teilen Schädel-Hirn-Verletzungen in drei Schweregrade ein: leichte, mittelschwere und schwere Schädel-Hirn-Traumata (SHT). Die Gehirnerschütterung gehört zu den leichten Schädel-Hirn-Traumata und tritt auch am häufigsten auf. In Deutschland erleiden jährlich etwa eine viertel Million Menschen ein SHT, in knapp 90 % der Fälle handelt es sich dabei um die leichte Form des SHT, wie die Gehirnerschütterung. Am häufigsten betroffen sind Männer, und mit knapp 30 % der SHT-Betroffenen sind Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren besonders stark vertreten.

Das Gehirn ist normalerweise gut geschützt, da es von einer festen Schale, dem Schädelknochen, sowie vom Gehirnwasser (Liquor) umgeben ist. Bei einer Gehirnerschütterung sind die einwirkenden Kräfte allerdings so stark, dass die Schutzhülle des Gehirns nicht standhält. Das Gehirn stößt durch die ruckartige Gewalteinwirkung gegen den Schädelknochen.

Beschwerden: Wie äußert sich eine Gehirnerschütterung?

Oft führt eine Gehirnerschütterung zu einer kurzzeitigen Bewusstlosigkeit, die zwischen ein paar Sekunden und einer Stunde anhalten kann. Es kommt auch häufig zu Erinnerungslücken nach der Kopfverletzung. Bei der sogenannten retrograden Amnesie (übersetzt „rückwirkender Gedächtnisverlust“) ist sowohl die Erinnerung an den Unfall oder die Situation, die die Gehirnerschütterung verursacht hat, verloren, ebenso wie die kurze Zeit vor dem Unfall. Wenn das Erinnerungsvermögen an die Zeit während und nach dem Unfall fehlt, spricht man von einer anterograden Amnesie. Beide Formen der Erinnerungslücken sind typisch für eine Gehirnerschütterung und können eine Zeitspanne von mehreren Stunden umfassen.

In vielen Fällen verursacht eine Gehirnerschütterung auch unspezifische Beschwerden. Zu den möglichen Symptomen einer Gehirnerschütterung zählen unter anderem:

  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Benommenheit
  • Sehstörungen (wie Doppeltsehen)
  • Schwerhörigkeit
  • Übelkeit (mit oder ohne Erbrechen)

Diagnose: Wie wird eine Gehirnerschütterung diagnostiziert?

Die Diagnose einer Gehirnerschütterung stellt ein Arzt. Da Schädel-Hirn-Verletzungen potenziell lebensbedrohlich sind, sollte man umgehend einen Arzt aufsuchen bzw. den Betroffenen zum Arzt bringen. Insbesondere, wenn nach einer Kopfverletzung eine Bewusstlosigkeit oder Bewusstseinsstörungen auftreten. Um sich einen schnellen Eindruck über die Schwere der Schädel-Hirn-Verletzung zu machen und diese einzustufen, orientiert sich der Arzt an der Glasgow-Koma-Skala (Glasgow Coma Scale). Hierzu überprüft er verschiedene Fähigkeiten, zum Beispiel ob der Betroffene die Augen öffnen und sich bewegen kann und ob er normal spricht. Je schlechter die Reaktionen ausfallen, desto weniger Punkte erreicht der Patient in der Skala und desto schwerer ist das diagnostizierte Schädel-Hirn-Trauma.

Bei Kindern mit Kopfverletzungen, die je nach Alter ihre Beschwerden nicht äußern können, verwendet der Arzt zur Diagnose der Gehirnerschütterung eine angepasste Version der Glasgow-Koma-Skala.

Zur weiteren Diagnose der Gehirnerschütterung überprüft der Arzt die Pupillenreaktion des Verletzten, da diese bei Störungen der Hirnfunktion auffällig sein kann. Zusätzlich können im Rahmen der GehirnerschütterungDiagnose sogenannte bildgebende Untersuchungen durchgeführt werden, um schwerere Verletzungen auszuschließen. So geben eine Röntgenaufnahme sowie eine Computertomografie des Kopfs (CCT) wichtigen Aufschluss über äußerlich nicht sichtbare Verletzungen, wie einen Schädelbruch oder Hirnblutungen.

In unklaren Fällen oder wenn der Verdacht auf Komplikationen besteht, ist eine weitere Diagnostik, wie Blutuntersuchungen und eine Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT), bei einer Gehirnerschütterung sinnvoll.

Behandlung: Wie kann eine Gehirnerschütterung behandelt werden?

Eine Behandlung von leichten Schädel-Hirn-Verletzungen, wie der Gehirnerschütterung, mit Medikamenten oder gar einer Operation ist nicht notwendig. Je nachdem, welche Beschwerden auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, ist aber eine medizinische Beobachtung oder intensive Überwachung sinnvoll, um eine schwerere Hirnverletzung auszuschließen bzw. frühzeitig zu erkennen. Meist wird der Betroffene dann für 24 Stunden in einem Krankenhaus stationär aufgenommen und seine Werte in bestimmten Zeitintervallen kontrolliert. Dies ist wichtig, weil sich Schädel-Hirn-Verletzungen in ihrem Verlauf und in ihrer Schwere verändern können. Fragen, die Hinweise auf das Ausmaß der Kopfverletzung und ihre Entwicklung geben, sind zum Beispiel:

  • Ist der Patient wach, ansprechbar und orientiert?
  • Wie reagieren die Pupillen, wenn man mit einer Lampe hineinleuchtet? Werden sie kleiner und reagieren sie normal auf den Reiz? Ist ihre Form normal oder sind sie eventuell entrundet?
  • Atmet der Patient normal? Wie sind sein Puls, seine Herzfrequenz, sein Blutdruck?

Zur Behandlung einer Gehirnerschütterung raten die Ärzte zu Schonung und Bettruhe. Um dies auch bei Kindern zu gewährleisten, sollte immer eine Person – am besten ein Elternteil – anwesend sein. Wichtig ist dies nicht nur, um das Kind zu beobachten, sondern auch um eventuelle weitere Verletzungen zu vermeiden.

Begleitende Beschwerden der Gehirnerschütterung, wie Kopfschmerzen oder Übelkeit, lassen sich mit entsprechenden Schmerzmitteln (Analgetika) bzw. Medikamenten gegen Übelkeit (Antiemetika) lindern.

Auch nach dem Ablauf von 24 Stunden ist es dringend empfohlen, sich weiter zu beobachten und einen Arzt aufzusuchen, wenn sich die Beschwerden verschlechtern oder neue Symptome auftreten. Insbesondere ist es bei Kindern unter zwei Jahren ratsam, nochmals ärztlichen Rat einzuholen, wenn sich das Kind plötzlich auffällig oder anders verhält.

Prognose: Wie ist die Prognose einer Gehirnerschütterung?

Die Prognose einer Gehirnerschütterung ist sehr gut. Im Allgemeinen hinterlässt eine Commotio keine bleibenden Schäden oder Funktionsstörungen im Gehirn, und auch mit Spätfolgen ist selten zu rechnen. Diese Folgebeschwerden treten vor allem bei schwereren Schädel-Hirn-Verletzungen auf.

Allerdings kann es nach der Gehirnerschütterung zu Beschwerden kommen, die erst nach einiger Zeit (Wochen bis Jahre) abklingen. Betroffene haben dann möglicherweise Probleme, sich zu konzentrieren oder sich etwas einzuprägen, und klagen über Stimmungsschwankungen. Ebenso leiden einige Menschen nach einer Gehirnerschütterung an Kopfschmerzen, reagieren sensibel auf helles Licht oder tolerieren Alkohol sehr schlecht.

Vorbeugung: Wie kann man einer Gehirnerschütterung vorbeugen?

Einer Gehirnerschütterung lässt sich vorbeugen, indem man ihre Ursachen versucht zu vermeiden. Die Hauptursache für eine Gehirnerschütterung ist ein Sturz, dicht gefolgt von Verkehrsunfällen als Grund für eine Schädel-Hirn-Verletzung. Die meisten dieser Unfälle geschehen in der Freizeit.

Man kann jedoch Unfälle nicht immer vermeiden. Was man aber tun kann, ist – beispielsweise beim Ausüben von Sportarten mit einem hohen Verletzungsrisiko – für entsprechende Schutzkleidung zu sorgen. Das Tragen eines Schutzhelms beim Fahrradfahren, Klettern oder Inlineskaten schützt den Kopf und hilft so, Verletzungen wie einer Gehirnerschütterung vorzubeugen.

Weitere Informationen

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Autor: Sabina Filipovic, medproduction GmbH
Datum der letzten Aktualisierung: November 2017

Quellen:
Elsen, A. et al.: Orthopädie und Unfallchirurgie für Studium und Praxis. Medizinische Verlags-und Informationsdienste 2016/2017
Leitlinie der Gesellschaft für Neurowissenschaftliche Begutachtung et al.: Begutachtung nach gedecktem Schädel-Hirntrauma. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 094/002 (Stand: 07/2013)
Leitlinie der Gesellschaft für Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin et al.: Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 024/018 (Stand: 02/2011)

Mutschler, Wolf-Eberhard et al.: Praxis der Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2013

Schwab, S. et al.: NeuroIntensiv. Springer, Berlin Heidelberg 2012