Prader-Willi-Syndrom

Ursachen: Was sind die Ursachen des Prader-Willi-Syndroms?

Das Prader-Willi-Syndrom (PWS), benannt nach den Schweizer Kinderärzten Andrea Prader und Heinrich Willi, ist eine seltene Erbkrankheit. Dem PWS liegt ein Gendefekt zugrunde, genauer ein Defekt auf Chromosom 15. Das passiert selten: Je nach Literatur kommt etwa eines von 15.000 bis 25.000 Neugeborenen mit diesem Defekt auf die Welt. In der Regel ist eine spontane Gen-Veränderung Ursache für das Prader-Willi-Syndrom, so gut wie nie vererben Eltern die Krankheit an ihre Kinder.

Das defekte Chromosom 15 ist beim Prader-Willi-Syndrom bereits während der Schwangerschaft vorhanden und beeinflusst im Embryo die Entwicklung des Gehirns. Ist es defekt, treten Störungen treten speziell im Hypothalamus auf, dem Teil des Gehirns, der die Körpertemperatur, den Blutdruck, die Atmung, das Sexual- und Gefühlsverhalten, den Schlafrhythmus und die Nahrungsaufnahme steuert, sowie die Hormonproduktion, etwa für das Wachstum. Die Folge: Von PWS betroffene Babys entwickeln sich anders als gesunde.

Beschwerden: Wie äußert sich das Prader-Willi-Syndrom?

Das Prader-Willi-Syndrom kann verschiedene Symptome verursachen, die einzeln oder kombiniert auftreten. Die Ausprägung ist individuell verschieden. Typische Symptome des Prader-Willi-Syndroms sind

• Kleinwüchsigkeit,
• Muskelschwäche,
• Ess-Sucht (Hyperphagie) und damit Gefahr von starkem Übergewicht,
• Unfruchtbarkeit sowie
• eine (meist milde bis moderate) geistige Behinderung.
Weitere häufige Symptome des Prader-Willi-Syndroms sind charakteristische Gesichtsmerkmale, wie
• eine schmale Stirn,
• eine nach unten gebogene Mundspalte,
• mandelförmige Augen und
• Schielen (Strabismus).

Häufig fallen PWS-Betroffene bereits im Kindesalter durch eine verzögerte Entwicklung auf, die sie auch nicht mehr aufholen. Menschen mit Prader-Willi-Syndrom sind oft kleinwüchsig, haben auffallend kleine Hände und Füße und zudem weniger kräftige Muskeln, weshalb sie schon bei alltäglichen Bewegungen schnell erschöpft sind. Oft lernen sie deutlich später Laufen als ihre Altersgenossen.

Darüber hinaus entwickeln Menschen mit Prader-Willi-Syndrom eine Ess-Sucht: Sie kennen kein Sättigungsgefühl und nehmen Nahrung im Übermaß zu sich. Deshalb ist es wichtig, dass bereits Kleinkinder lernen, ihr Essverhalten zu kontrollieren, denn ansonsten drohen Übergewicht sowie Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

In der Pubertät entwickeln sich bei Menschen mit Prader-Willi-Syndrom die Geschlechtsmerkmale unvollständig, oft bleiben sie unfruchtbar. Ihre Genitalien sind auffallend klein, Jungen kommen mit einem Hodenhochstand zur Welt.

Der Gendefekt beim Prader-Willi-Syndrom wirkt sich auch negativ auf die geistige sowie emotionale Intelligenz aus: Viele Kinder lernen spät Sprechen und schaffen es nicht auf eine Regelschule. Sie können Gefühle bei sich und anderen schlecht wahrnehmen, reagieren sehr impulsiv und finden sich in neuen Situationen schwer zurecht.

Diagnose: Wie wird das Prader-Willi-Syndrom diagnostiziert?

Der Arzt stellt die Diagnose des Prader-Willi-Syndroms anhand der Symptome und eines Gentests. Während der Schwangerschaft fallen oft deutlich verminderte Kindsbewegungen auf. Im Säuglingsalter zeigen die betroffenen Babys eine ausgeprägte Muskelschwäche sowie eine Trinkschwäche und gedeihen schlechter. Als Kleinkinder entwickeln sie die Ess-Sucht, die unkontrolliert zu starkem Übergewicht führt. All diese Symptome lenken den Verdacht auf das Prader-Willi-Syndrom.

Zunächst kann der Arzt über einen Bluttest die Konzentration verschiedener Hormone bestimmen lassen. Aufschlussreich sind dabei vor allem die Hormone, die im Hypothalamus beim Prader-Willi-Syndrom in zu geringem Maße gebildet werden. Eine eindeutige Diagnose kann schließlich nur ein Gentest geben, der Veränderungen auf dem Chromosom 15 aufdeckt.

Behandlung: Wie kann das Prader-Willi-Syndrom behandelt werden?

Das Prader-Willi-Syndrom ist ursächlich nicht heilbar, die einzelnen Symptome aber lassen sich behandeln oder zumindest positiv beeinflussen. Heutzutage ist es üblich, schon Säuglingen – sofern die Diagnose des Prader-Willi-Syndroms bei ihnen bereits gestellt ist – Wachstumshormone zu verbreichen. Dies fördert ihre körperliche Entwicklung.
Eine große Rolle spielen auch frühzeitige pädagogische und psychologische Fördermaßnahmen. Dabei lernen Kinder mit PWS etwa, ihr Essverhalten oder auch ihre Gefühle zu kontrollieren.

Prognose: Wie ist die Prognose des Prader-Willi-Syndroms?

Bislang gibt es keine Langzeitbeobachtungen darüber, wie sich eine Therapie mit Wachstumshormonen bei Erwachsenen mit Prader-Willi-Syndrom in Hinblick auf Verhalten und Selbstständigkeit auswirkt. Experten gehen aber davon aus, dass Menschen mit PWS bei früher Diagnose und Therapie eine gute Prognose und eine recht gute Lebensqualität haben. Die größten Komplikationen ergeben sich immer noch aus der Fettleibigkeit und ihren Folgeerkrankungen, sodass Betroffene ihr Leben lang eine medizinische Betreuung benötigen.

Vorbeugung: Wie kann man dem Prader-Willi-Syndrom vorbeugen?

Da es sich beim Prader-Willi-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, gibt es keine Möglichkeit vorzubeugen. Durch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung lässt sich aber den Komplikationen des Prader-Willi-Syndroms, wie Übergewicht und Diabetes mellitus, vorbeugen.

Weitere Informationen:

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Web-Tipps:
Prader-Willi-Syndrom Vereinigung Deutschalnd e.V.
www.prader-willi.de

Autorin: Andrea Böttcher, medproduction GmbH, www.medproduction.de
Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2017

Quellen:
Deutsche Gesellschaft für Humangenetik e.V.: Prader-Willi-Syndrom.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/078-010l_S1_Prader-Willi_Syndrom_PWS_Angelman_Syndrom_AS_Diagnostik_molekular_zytogentisch_2016_11.pdf (Abruf: 10/2017)
Medizinisch Genetisches Zentrum (MGZ): Prader-Willi-Syndrom.
https://www.mgz-muenchen.de/erkrankungen/diagnose/prader-willi-syndrom.html (Abruf: 10/2017)
OrphaNet: Das Portal für seltene Krankheiten und Orphan Drugs
http://www.orpha.net/consor/cgi-bin/OC_Exp.php?Lng=DE&Expert=739 (Abruf: 10/2017)