Schlank im Schlaf – geht das?

Das Leben ist manchmal hart und ungerecht: Da gibt es die einen, die nach Herzenslust drauflos schlemmen, und doch sind sie rank und schlank. Auf der anderen Seite stehen die anderen, die über jeden Bissen genau nachdenken und doch stets mollig bleiben. Viele Wege führen zum Übergewicht. Viele Wege führen jedoch auch wieder zum Normalgewicht, nur leider oft nicht dauerhaft. Der Diätenwahn in Deutschland boomt auch weiterhin. Eine möchten wir Ihnen gerne vorstellen: Die „Schlank im Schlaf-Diät“ von Detlef Pape.

In aller Munde – aber was ist die „Schlank im Schlaf-Diät“?

Das Motto der „Schlank im Schlaf-Diät“  heißt „Abnehmen im Takt der Bio-Uhr“. Erfunden hat sie der Facharzt für Innere Medizin und Ernährungsmediziner Dr. med. Detlef Pape in Zusammenarbeit mit Ernährungs- und Sportexperten. Der körpereigene Biorhythmus und der Insulin-Spiegel stehen im Mittelpunkt des Konzepts. Sein Prinzip: Die Bauchspeicheldrüse schüttet verstärkt nach kohlenhydrathaltigen Mahlzeiten das lebenswichtige Hormon Insulin aus, um den Blutzucker-Spiegel zu senken. Eine vermehrte Insulin-Ausschüttung blockiert, laut Pape, nicht nur die Fettverbrennung, sondern regt den Körper an, Fett zu speichern. Seine so genannte „Insulin-Trennkost“ soll daher das Hormon – vor allem abends vor dem Schlafengehen – niedrig halten, um die Fettverbrennung zu verbessern.

Wie funktioniert die „Schlank im Schlaf-Diät“?

Entscheidend für Dr. Pape ist, bei der „Schlank im Schlaf-Diät“ die Nährstoffe Eiweiß und Kohlenhydrate auf dem Speiseplan richtig zu kombinieren bzw. zu trennen. Aufgeteilt wird die tägliche Nahrung auf drei große Mahlzeiten mit einem langen Abstand von mindestens fünf Stunden, damit nach Pape „die Bauchspeicheldrüse zur Ruhe kommt“. Dies ist die Zeit für Verdauungs- und Stoffwechselprozesse. In den Pausen sind lediglich Wasser, ungesüßter Tee und Kaffee erlaubt.

Das Frühstück enthält bei der „Schlank im Schlaf-Diät“ hauptsächlich Kohlenhydrate wie Brot, Brötchen & Co. oder Müsli mit Obst und Gemüse. Als Belag sind Butter oder Margarine sowie Konfitüre, Honig und Nuss-Nougat-Creme erlaubt. Ein süßes Vergnügen! Für herzhafte Typen nicht viel dabei!

Nach mindestens fünf Stunden Pause darf laut „Schlank im Schlaf-Diät“ dann das Mittagessen etwas vielseitiger und „ungetrennt“ verlaufen. Eine abwechslungsreiche, vollwertige Mischkost mit Getränken aller Art und einer Nascherei zum Nachtisch lassen das Genießer-Herz wieder höher schlagen.

Das nimmt nach der kulinarischen Ebbe am Nachmittag beim Abendessen wieder ab, denn nur eiweißhaltige Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Käse, Eier, Quark oder Naturjoghurt mit Salaten und Gemüse dürfen kombiniert werden. Alle Lebensmittel und Getränke, die Kohlenhydrate in größeren Mengen liefern, sind gemäß der „Schlank im Schlaf-Diät“ von der Liste zu streichen: also Getreide(-produkte), Kartoffeln, Mais, Hülsenfrüchte, stärkehaltige Soßen, süßes Obst, Süßigkeiten sowie Limonaden und Obstsäfte.

Nach dem Abendessen ist dann Schicht für unsere Gaumenfreuden, denn nur dann können laut „Schlank im Schlaf-Diät“ die Reparatur-Prozesse im Körper beginnen. Zur Nacht hin soll die Insulin-Ausschüttung durch den Verzicht auf Kohlenhydrate bewusst niedrig gehalten werden. Die Fettverbrennung soll so während des Schlafs optimal arbeiten, da sich der Körper die Energie nun aus den Fettdepots ziehen kann. Der „Dickmacher“ Insulin – wie Pape das Hormon nennt – blockiert nicht die Fettdepots. Schon soll man während des Schlafs abspecken, ohne an starken Hungergefühlen und Heißhunger-Attacken zu leiden. Versprechen von Herrn Pape: „Der Körper kann jede Nacht 70 bis 100 Gramm Fett verbrennen“.

Welchen Einfluss hat die Bio-Uhr auf das Abnehmen?

Alle Lebewesen und Pflanzen folgen dem natürlichen Biorhythmus von Aktivität (Leistungsphase) und Schlaf (Regenerationsphase). Die Schlafphase spielt für das Abnehmen eine bedeutende Rolle und somit auch die Bio-Uhr bei der „Schlank im Schlaf-Diät“. So empfiehlt Dr. Pape, früh zu Abend zu essen (bestenfalls zwischen 17.00 Uhr bis 19.00 Uhr, spätestens aber bis 20.00 Uhr) und früh zu Bett zu gehen, damit die Schlafphasen möglichst lang sind.

Um genügend Energie für die nächtlichen Reparatur-Arbeiten zur Verfügung zu haben, mobilisieren so genannte Wachstumshormone in unserem Körper das im Fettgewebe gespeicherte Fett. So ist es laut „Schlank im Schlaf-Diät“ wichtig, dass die „Ausgangstüren“ der Fettzellen frei zugängig sind und nicht durch ein Zuviel an dem blutzuckersenkenden Hormon Insulin blockiert werden. Körpereigene Appetitzügler wie das Sättigungshormon Leptin sollen Hungerattacken während des Schlummerns verhindern. Tagsüber lassen sich nahrungsfreie Phasen von mehr als acht Stunden nur schwer aushalten.

„Schlank im Schlaf“: Was ist wissenschaftlich belegt?

Die „Schlank im Schlaf-Diät“ – ist sie wirklich das Rezept zum Abnehmen, oder eine weitere unter den vielen Mode-Diäten? Wir gehen den Theorien des „Schlank im Schlaf-Prinzips“ unter aktuellen wissenschaftlichen Aspekten mal näher auf den Grund.

Die Insulin-Trennkost-Theorie der „Schlank im Schlaf-Diät“: Zu hohe Konzentrationen des Hormons Insulin können die Fettverbrennung hemmen und so die Fettdepots gedeihen lassen. Das scheint nach aktuellen Erkenntnissen zu stimmen, wobei die genauen Mechanismen immer noch nicht wissenschaftlich nachgewiesen sind. Ein Zuviel an Insulin entsteht aber nur, wenn permanent Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index verzehrt werden, das bedeutet, ein hoher Verzehr beispielsweise an Weißmehl-Produkten, Süßigkeiten und Knabbereien. Jedoch hat nicht nur das Insulin einen maßgeblichen Einfluss auf die Fettverbrennung, sondern viele weitere Hormone in unserem Körper regeln das Hunger- und Sättigungsgefühl – über Tag und über Nacht. Dies alles nur auf das Insulin als bösen „Dickmacher“ zu schieben, ist wahrscheinlich zu einfach.

Früher wurde über die Übergewichtigen gelacht, die ihr „Problem“ auf die Hormone geschoben haben. Heute weiß man, dass ein gewisser Anteil der Übergewichtigen tatsächlich unter einem „hormonellen Heißhunger“ leidet. Das bedeutet, dass das hormonelle Geschehen, welches die Hunger- und Sättigungsphasen im Gleichgewicht hält, nicht intakt verläuft. Auch in diesem Bereich der Ernährungswissenschaft besteht noch hoher Forschungsbedarf.

„Schlank im Schlaf“ oder besser „Schlank durch Schlaf“? Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass dem Schlaf eine wesentliche Bedeutung beim Halten eines gesunden Körpergewichts zukommt. So konnte man in diesen Untersuchungen eine verkürzte Schlafdauer mit Übergewicht assoziieren. Dies galt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Kurzschläfer mit weniger als sechs Stunden Schlaf, die zudem häufiger Ein- und Durchschlaf-Probleme hatten, neigten zu einem höheren Gewicht als Langschläfer mit mehr als sechs Stunden Schlaf. Zukünftig könnte ausreichender Schlaf auch als Aspekt in der Ernährungsberatung Übergewichtiger aufgegriffen werden.

Trennkost: Grundsätzlich gibt es keinen wissenschaftlichen Grund, eiweiß- und kohlenhydratreiche Lebensmittel zeitlich getrennt zu verzehren. Die Trennung bringt keine Vorteile und kann auch nicht wirklich eingehalten werden, da die meisten Lebensmittel beide Makronährstoffe enthalten. Zudem geht der Ergänzungswert vieler Eiweißquellen verloren. So wertet eine Speise mit Kartoffeln das Eiweiß aus zum Beispiel einem Ei auf.

Sind drei oder fünf Mahlzeiten am Tag günstiger zum Abnehmen?

Studien deuten darauf hin, dass bei fünf täglichen Portionen das Risiko für Übergewicht geringer ist als bei drei. Dies empfiehlt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Bei fünf Mahlzeiten – aufgeteilt in drei Hauptmahlzeiten und zwei kleine Zwischenmahlzeiten – entstehen seltener Heißhunger-Attacken. Zudem verfallen viele „Diät-Getrimmte“ bei langen Esspausen schnell in ein Notprogramm, bei dem der Grundumsatz heruntergefahren wird. Der Grund: Das Gehirn erhält von seiner „Festplatte“ die Information, eine Hungersnot (in Form einer weiteren Diät) wäre ausgebrochen. Somit sind fünf Mahlzeiten regelmäßig über den Tag verteilt laut aktuellen wissenschaftlichen Empfehlungen vorzuziehen.

Weitere Informationen

Autor: Andrea Pütz, Dr. med. Martin Waitz
medproduction GmbH, www.medproduction.de
Datum: April 2010
Letzte Aktualisierung: Januar 2015
Aktualisiert durch: Simon Korn, Biologe
Quellen:
Biesalski, H.K.: Ernährungsmedizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
Cappuccio, F.P. et al.: Meta-analysis of short sleep duration and obesity in children and adults. SLEEP 2008; 31 (5): 619-626.
Deutsche Gesellschaft für Ernährung: www.dge.de (Abruf: 01/2015)          
Pape, D.: Schlank im Schlaf. Gräfe und Unzer Verlag, München 2007
Schauder, P., Ollenschläger, G.: Ernährungsmedizin. Urban&Fischer, München 2006
Widhalm, K.: Ernährungsmedizin. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2009