Was hilft gegen Fettsucht (Adipositas)?

Wann spricht man von Übergewicht – und wann von Fettsucht?

In Deutschland gelten über 50 Prozent aller Erwachsenen als übergewichtig und jeder Fünfte ist stark übergewichtig – dies wird medizinisch als adipös und im Volksmund fettsüchtig oder fettleibig bezeichnet. Noch mehr Fettleibige leben in den USA und in Mexiko, deutlich weniger hingegen zum Beispiel in Japan und Korea.

Auch Kinder und Jugendliche in Deutschland sind von Übergewicht und Fettsucht (Adipositas) betroffen. So gelten 10 bis 20 Prozent aller Schulkinder und Jugendlichen als übergewichtig. Schätzungen zufolge entstehen in Deutschland jährliche Kosten von zehn Milliarden Euro durch Übergewicht.

Fettsucht oder Adipositas ist definiert als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Um dies zu berechnen, dient der sogenannte Body-Mass-Index (BMI), bei dem das Gewicht mit der Körpergröße verrechnet wird:

 

  • Übergewicht ist definiert als ein BMI ≥ 25 kg/m².
  • Adipositas ist definiert als ein BMI ≥ 30 kg/m².

Ein Beispiel: Ein Mann von 1,85 m wiegt 95 kg.
Die Rechnung lautet:

95 kg

——————– = 27,8 kg/m²

1,85 x 1,85 m2

Dieser Mann wäre damit gemäß Body-Mass-Index als übergewichtig einzustufen. Allerdings berücksichtigt der BMI nicht, ob die Körpermasse der Person zu großen Teilen aus Fett oder zum Beispiel Muskulatur besteht. Der Mann könnte also auch sehr muskulös und nicht adipös sein.

Was sind die Ursachen von Übergewicht und Fettsucht?

Übergewicht und Fettsucht nehmen in den vergangenen Jahren stetig zu. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. An erster Stelle stehen die veränderten Lebensbedingungen: Die Menschen hierzulande nehmen zu viele Kalorien über das Essen auf – sie essen schlichtweg zu viel und zu hochkalorisch. Außerdem bewegen sie sich zu wenig, denn Bewegung und Sport verbrennt Kalorien. Kommt dann noch eine erbliche Veranlagung zu Übergewicht hinzu, ist eine Fettsucht sehr wahrscheinlich.

Warum sollte ich mein Gewicht senken?

Man weiß längst, dass Übergewicht vielfältige Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat und mit schweren Folgen einhergeht. Trotzdem werden die überschüssigen Kilos in Deutschland nicht als Krankheit anerkannt. Durch die fehlende Anerkennung als Erkrankung sind die Krankenkassen nicht dazu verpflichtet, die Kosten für Gewichtsreduktions-Programme oder Adipositas-Operationen zu übernehmen.

Abnehmen wirkt sich bei übergewichtigen und adipösen Menschen positiv auf die Gesundheit aus, da weniger Folgeerkrankungen entstehen. Zum Beispiel kann die alleinige Abnahme von einem bis drei Kilogramm des Körpergewichts den Blutzuckerspiegel deutlich senken. Damit sinkt auch das Risiko, an einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 2) zu erkranken. Ebenfalls führt eine Gewichtsabnahme zu einem niedrigeren Blutdruck und einem geringeren Risiko für Depressionen.

Was kann ich aktiv tun, um mein Gewicht zu reduzieren?

Sie können selbst eine Menge unternehmen, um Ihr Gewicht zu reduzieren. Es gibt viele Ansätze. Wichtig ist es, sich einen individuellen Weg zu suchen, der Sie nicht belastet und auch nicht überfordert. Seien Sie realistisch mit Ihren Zielen! Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich aktiv dem Abnehmen zu widmen. So bieten verschiedene Institutionen Ernährungsschulungen, Bewegungstherapien und Verhaltenstherapien an. Fragen Sie Ihren Arzt, Ihre Krankenkasse oder auch Ihren Arbeitgeber nach Angeboten.

Welche Medikamente gibt es gegen Fettleibigkeit?

Erst wenn Sie durch eine Änderung Ihrer Lebensgewohnheiten, vor allem eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, nicht ausreichend an Gewicht verlieren und immer noch stark übergewichtig sind, kann man über eine medikamentöse Therapie der Fettsucht nachdenken. Dabei werden Ihr Body-Mass-Index, die Verteilung des Fetts am Körper, mögliche begleitende Erkrankungen und Ihr individueller Leidensdruck berücksichtigt.

Allerdings handelt es sich hierbei um keine alleinige Therapie – wenn Sie Medikamente gegen die Fettleibigkeit einnehmen, sollten Sie immer auch parallel eine Ernährungsumstellung, eine Bewegungstherapie und ggf. eine Verhaltenstherapie machen.

Zur Therapie der Fettleibigkeit dient der Wirkstoff Orlistat. Ab einem Body-Mass-Index von über 28 kg/m² empfehlen Ärzte das Medikament. Die Einnahme erfolgt drei Mal täglich mit einer Fett- und Kalorien-reduzierten Mahlzeit. Orlistat führt dazu, dass weniger Fette aus dem Darm in den Körper aufgenommen werden. So scheiden Sie rund 25 Prozent der mit der Nahrung zugeführten Fette wieder mit dem Stuhl aus. Damit kann man pro Jahr ungefähr vier bis fünf Kilogramm Körpergewicht abnehmen.

Allerdings wirkt Orlistat nur bei Nahrungsmitteln, die Fett enthalten und es hat keine Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel. Zudem kann das Medikament zu unangenehmen Nebenwirkungen, wie Blähungen, Bauchschmerzen und fettigem Stuhlgang, führen.

Verschiedene weitere Medikamente, die eigentlich zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt werden, führen auch zu einer Gewichtsabnahme. Sie dürfen allerdings nur auf Verordnung des Arztes eingenommen werden! Wer sie zur Gewichtsabnahme eigenmächtig und missbräuchlich einnimmt, riskiert schwere Nebenwirkungen. Zu diesen Medikamenten zählen:

  • Neuroleptika und Lithium (sie werden bei psychiatrischen Krankheiten eingesetzt)
  • Valporinsäure (sie dient meist der Behandlung von Epilepsie)
  • Antidepressiva (normalerweise Medikamente zur Therapie von Depressionen)
  • Betablocker (ein blutdrucksenkendes Medikament)
  • Insulin und Antidiabetika (zur Behandlung von Diabetes mellitus)
  • Glukokortikoide (z.B. Kortison)
  • Bestimmte Medikamente zur Verhütung (z.B. Gestagene)

Was passiert bei einer chirurgischen Therapie des Übergewichts?

Die chirurgische Therapie der Adipositas (auch bariatrische Chirurgie oder Adipositas-Chirurgie genannt) ziehen Ärzte in Betracht, wenn alle anderen Maßnahmen zu keiner ausreichenden Gewichtsabnahme geführt haben. Dabei arbeiten mehrere medizinische Fachrichtungen zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Die Therapeuten betrachten den Betroffenen in seiner Gesamtheit und untersuchen seinen sozialen, psychologischen und gesundheitlichen Status. Dies ist wichtig, da die chirurgische Therapie der Adipositas ein Eingriff ist, der auch Risiken birgt.

Dies sind Operationen bei Übergewicht:

  • Magenbypass: Bei diesem Eingriff wird ein Teil des Magens entfernt und nur der obere Teil des Magens erhalten. Dieser wird dann an den Darm angeschlossen.
  • Verstellbares Magenband: Bei dieser Operationstechnik wird ein verstellbares Silikon-Band um den oberen Magenteil gelegt.
  • Schlauchmagen: In dieser Operation wird der Magen insgesamt verkleinert.

Je nach Verfahren nimmt man zwischen 21 bis 38 Kilogramm nach einem Jahr und 15 bis 28 Kilogramm nach zehn Jahren ab. Nach der erfolgreichen Operation normalisieren sich der Blutzuckerspiegel, die Blutfettwerte, der Blutdruck und sie Schlafqualität. Dies alles führt zu einer verbesserten Lebensqualität und einer verminderten Sterblichkeit.

Jedoch hat auch jede dieser Operationen Konsequenzen. So sind vielleicht Nachoperationen nötig, um zum Beispiel Gallensteine zu entfernen. Die Verkleinerung des Magens oder Darms kann dazu führen, dass zu wenige Vitamine und andere lebenswichtige Nahrungsbestandteile aufgenommen werden. Wichtig ist, sich nach einer Adipositas-Operation regelmäßig ärztlich untersuchen zu lassen.

Weitere Informationen

Autor: Sonja Harms, Ärztin, medproduction GmbH
Aktualisiert: Juni 2018
Quellen:
Adipositas-Chirurgie: Magenbypass hat bei Jugendlichen langfristige Vorteile und Risiken, Dtsch Ärzteblatt Onlinepublikation vom 06.02.2017
Deutsche Adipositas Gesellschaft, Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ AWMF-Register Nr. 050/001, 2014
Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG) Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas, Juni 2010
DGE: Vollwertig essen und trinken nach der 10 Regeln der DGE, Deutsche Gesellschaft für Ernährung Onlinepublikation, 2017
Gesundheitsberichterstattung des Bundes: Gesundheitsbericht Deutschland, 2. Auflage 2007
Hebebrand et al.: Ist Adipositas eine Krankheit? Interdisziplinäre Perspektiven, Dtsch Arztebl 2004; 101(37): A-2468 / B-2080 / C-2001
Hil: Anteil übergewichtiger Jugendlicher wächst in Deutschland besonders schnell, Dtsch Ärzteblatt Onlinepublikation vom 18.05.2017
Mende: Adipositas-Kilos mit Krankheitswert, Pharmazeutische Zeitung, Onlinepublikation 45/2012
Müller, M.J. et al.: Nationaler Aktionsplan gegen das Übergewicht, für Bundesgesundheitsministerium Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, März 2007
PTA Forum Online, Wie die Pfunde purzeln, Ausgabe 08/2016
Starostzik: Adipositas ist weit mehr als Übergewicht, Pädiatrie, Ausgabe 4/2016
Zylka-Menhorn, Chirurgenkongress: Mit dem Skalpell gegen Diabetes, Dtsch Ärzteblatt 2012; 109 (18): A-922