Haarausfall (Alopezie)

Ursachen: Was sind die Ursachen für Haarausfall?

Der menschliche Körper ist, bis auf wenige Stellen (wie Schleimhäute, Hand- und Fußinnenflächen) behaart. Auf dem Kopf finden sich 100.000 bis 150.000 Haare; daneben gibt es Nasen- und Ohrenhaare, Augenbrauen und Wimpern, Barthaare sowie Achsel- und Schamhaare. Diese Haare werden als Terminalhaar bezeichnet und ihr Wachstum ist hormonabhängig. Velushaare („Wollhaare“) sind alle übrigen Körperhaare, die wesentlich kürzer und dünner sind. Lanugohaare kommen bei Neugeborenen vor (selten auch bei Erkrankungen) und werden aufgrund ihrer Flauschigkeit auch als „Flaumhaar“ bezeichnet.

Haare bestehen vor allem aus Keratin, einer Hornsubstanz. Das Haarorgan ist aus der Haarwurzel und dem Haarfollikel (Haarbalg) aufgebaut. Kopfhaare sind bis zu 0,12 Millimeter dick und wachsen etwa einen Zentimeter pro Monat. Jeder Mensch verliert bis zu 100 Haare pro Tag. Sind es über einen längeren Zeitraum mehr, spricht man von Haarausfall (Alopezie). Dieser kann verschiedene Ursachen haben:

Hormonell bedingter Haarausfall (Androgenetische Alopezie)

Hormonell bedingter Haarausfall ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen die häufigste Form des Haarausfalls. Ursache der Erkrankung ist eine übermäßige Empfindlichkeit der Haarbälge gegenüber Dihydrotestosteron, einem männlichen Geschlechtshormon. Es kommt zur Schrumpfung der Haarbälge und zu verkürzter Lebensdauer der Haarwurzel. Die betroffenen Haare werden dünner und fallen schneller aus. Die Veranlagung zu hormonell bedingtem Haarausfall wird vererbt.

Kreisrunder Haarausfall (Alopezia areata)

Die genauen Ursachen der zweithäufigsten Form des Haarausfalls sind noch unbekannt. Wissenschaftler gehen aber davon aus, dass eine Autoimmunreaktion gegen die Haarwurzeln für die Krankheitsentstehung verantwortlich ist. Eine vererbte Veranlagung und umweltbedingte Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Schwere Verlaufsformen werden mit Neurodermitis (atopische Dermatitis), Heuschnupfen und allergischem Asthma bronchiale in Verbindung gebracht. Aufgrund des Entzündungsprozesses, der durch die Immunreaktion entsteht, werden die Haare geschädigt und können ausfallen.

Diffuser Haarausfall (Alopezia diffusa)

Diese Form des Haarausfalls ist nicht auf bestimmte Regionen begrenzt, die Haare fallen gleichmäßig am ganzen Kopf aus. Mögliche Ursachen sind Infektionen, Hormonstörungen, Medikamente, Vergiftungen, chronische Erkrankungen, starker Stress und Mangelernährung. Auch im Rahmen einer Chemotherapie kann es zu diffusem Haarausfall kommen.

Vernarbender Haarausfall (Narbige Alopezie)

Von vernarbendem Haarausfall spricht man, wenn die Haarbälge vollkommen zerstört worden sind und ein Nachwachsen der Haare nicht mehr möglich ist. Ursachen können Verbrennungen, Erfrierungen, Verätzungen und Entzündungen der Kopfhaut sowie verschiedene Hauterkrankungen sein.

Beschwerden: Wie äußert sich Haarausfall?

Bei Männern, die unter hormonell bedingtem Haarausfall leiden, entwickeln sich zu Beginn oft „Geheimratsecken“ an der Stirn oder lichte Stellen am Hinterkopf. Später kann es zur typischen Glatzenbildung kommen. Bei Frauen dünnen die Haare besonders im Bereich des Scheitels aus. Kreisrunder Haarausfall setzt häufig plötzlich ein. Innerhalb kurzer Zeit bilden sich kreisförmige, kahle Stellen, die sich weiter ausbreiten können. Im Extremfall ist völlige Haarlosigkeit möglich.

Diagnose: Wie wird Haarausfall diagnostiziert?

Zunächst benötigt der Arzt genaue Informationen zum Verlauf des Haarausfalls (Beginn, Dauer, Ausmaß, mögliche Schuppenbildung oder Juckreiz). Verwendete Haarwaschmittel, eingenommene Medikamente und Hormonpräparate sowie Allgemeinerkrankungen des Betroffenen können dem Arzt ebenfalls bedeutsame Hinweise geben. Wichtig ist auch die Frage, ob Haarerkrankungen bei nahen Verwandten bestehen. Um weitere Hinweise auf die Ursache und das Ausmaß des Haarausfalls zu bekommen, sind folgende Untersuchungen sinnvoll:

  • Haarstatus: Der Arzt beurteilt das Muster des Haarausfalls, den Zustand des einzelnen Haars, die Haardichte sowie den Zustand der Kopfhaut.
  • Zupftest: Mit Daumen und Zeigefinger versucht der Arzt unter leichtem Zug, ein kleines Büschel Haare auszuzupfen. Gelingt dies an mehreren Stellen der Kopfhaut, liegt wahrscheinlich Haarausfall vor.
  • Trichogramm: Hierbei entnimmt der Arzt an zwei Stellen der Kopfhaut je etwa 50 Haare und untersucht unter dem Mikroskop ihren Zustand sowie ihr momentanes Entwicklungsstadium.
  • Kopfhautbiopsie: Bei unklarer Diagnose kann eine Kopfhautbiopsie notwendig sein. Unter lokaler Betäubung entnimmt der Arzt dabei ein kleines Gewebestück und untersucht es unter dem Mikroskop.
  • Haarkalender: Mithilfe eines „Haarkalenders“ kann der Betroffene den Haarausfall selbst abschätzen. Dabei werden die ausgefallen Haare über einen Zeitraum von etwa einer Woche gezählt. Ein täglicher Ausfall von bis zu 100 Haaren gilt als normal.

Behandlung: Wie kann Haarausfall behandelt werden?

Vor allem für den hormonell bedingten Haarausfall sind verschiedene Mittel im Handel, doch bei vielen ist die Wirkung zweifelhaft und konnte in Studien bisher nicht belegt werden. Grundsätzlich unterscheidet man die lokale Therapie (Tinkturen und Salben), die systemische Therapie (Einnahme von Tabletten) und die operative Therapie von Haarausfall. Sofern diese Maßnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis führen, kann auch ein Haarersatz (Kunst- oder Echthaarperücken) eingesetzt werden.

  1. Lokale Therapie von Haarausfall
  • Östrogene (für Frauen): Östrogene können hormonell bedingten Haarausfall positiv beeinflussen. Sie werden als Haartinkturen ein- bis zweimal täglich auf die Kopfhaut aufgetragen.
  • Minoxidil (für Frauen und Männer): Diese Tinktur kann ebenfalls zweimal täglich aufgetragen werden.
  • Kortikosteroide können bei bestimmten Formen des Haarausfalls wirksam sein. Sie werden injiziert oder als Creme, Salbe oder Lösung aufgetragen.
  1. Systemische Therapie von Haarausfall
  • Antiandrogene (für Frauen): Diese Medikamente blockieren die Bindung von Androgenen an ihre Rezeptoren und können so dem hormonell bedingten Haarausfall entgegenwirken. Für Frauen im gebärfähigen Alter müssen Antiandrogene stets mit einem Östrogen kombiniert werden. Beide Inhaltsstoffe sind in Anti-Baby-Pillen enthalten, die daher häufig zur Therapie des hormonell bedingten Haarausfalls eingesetzt werden. Ein positives Ergebnis ist nach einigen Monaten zu erwarten.
  • Finasterid (für Männer): Finasterid verhindert die Umwandlung von Testosteron in Dihydrotestosteron. Die tägliche Einnahme (1 mg) bewirkt einen Stopp des Haarverlustes und bei vielen betroffenen Männern auch eine Verbesserung der Haarfülle. Die positive Wirkung wurde in mehreren Studien nachgewiesen.

Lokale und systemische Therapie können auch gemeinsam eingesetzt werden.

  1. Operative Therapie bei Haarausfall
  • Haartransplantation: Bei diesem Verfahren werden Haare von einer Stelle der Kopfhaut entnommen und an einer anderen Stelle wieder eingesetzt. Die verpflanzten Haare können nicht mehr ausfallen. Dieses Verfahren lohnt sich nur bei Menschen, bei denen der Haarausfall zum Stillstand gekommen ist, da sich ansonsten anderswo kahle Stellen bilden können.

Prognose: Wie ist die Prognose von Haarausfall?

Die Prognose ist abhängig von der Ursache sowie des Stadiums des Haarausfalls. In den meisten Fällen ist die Behandlung recht langwierig. Bei hormonell bedingtem Haarausfall können häufig mithilfe einer medikamentösen Behandlung zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden. Der Verlauf von kreisrundem Haarausfall ist schwer vorhersagbar und sehr unterschiedlich: Bei jeweils einem Drittel wachsen die Haare vollständig wieder nach; bei anderen wachsen nur einzelne Stellen wieder zu und den übrigen 30 Prozent fallen alle Haare aus.

Vorbeugung: Wie kann man Haarausfall vorbeugen?

Den meisten Ursachen des Haarausfalls kann man nicht vorbeugen. Es ist jedoch ratsam, eine übermäßige Beanspruchung der Haare (zum Beispiel durch ständiges Tönen, Bleichen) zu vermeiden. Fallen über einen längeren Zeitraum überdurchschnittlich viele Haare aus, empfiehlt sich ein Arztbesuch, um die Ursache abzuklären und gezielt behandeln zu können.

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Autor: Dr. med. Maximilian Eckerland
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Datum der letzten Aktualisierung: Oktober 2017
Quellen:
Hoffmann, R.: Androgenetische Alopezie. Der Hautarzt, Vol. 55, Number 1, pp. 89-111
Moll, I.: Duale Reihe Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2016

Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. De Gruyter, Berlin 2017

Wolff, H. et al.: Haarausfall und Alopezien bei Frauen. Der Gynäkologe, Vol. 36, Number 7, pp. 605-618