3D-Druck in der Medizin: Organe und Prothesen aus dem Drucker

Organe, Implantate und Prothesen aus dem 3D-Drucker – haben Sie auch schon davon gehört, dass der 3D-Druck die Medizin revolutioniert? Tatsächlich gibt es inzwischen Fußprothesen, Zahnimplantate und sogar Herzmuskelgewebe, ein Stück Schädeldecke und eine Ohrmuschel, die mit einem 3D-Drucker angefertigt wurden. Was ein bisschen wie Science-Fiction klingt, wird zunehmend Realität – auch in deutschen Kliniken und Praxen. Doch was genau ist eigentlich 3D-Druck und wie weit ist die Medizin schon im „Drucken von Organen“?

Was ist 3D-Druck?

Beim 3D-Druck werden dreidimensionale Gegenstände erzeugt, indem ein Gerät (der 3D-Drucker) ein bestimmtes Material Schicht für Schicht aufträgt. Dieser schichtweise Aufbau erfolgt Computer-gesteuert nach vorgegebenen Maßen und Formen. Andere Bezeichnungen für den 3D-Druck sind Additive Fertigung, Additive Manufacturing, Generative Fertigung oder Rapid-Technologie. Das Material für den 3D-Druck besteht aus Kunststoffen, Kunstharzen, Keramiken, Metallen oder Kohlenstoffen.

Der 3D-Druck wird in zahlreichen Branchen angewendet, zum Beispiel:

  • in der Architektur und Bauindustrie
  • in der Konsumgüter-Industrie
  • in der Kunst
  • in der Lebensmittel-Industrie
  • in der Luft- und Raumfahrt
  • im Maschinenbau
  • in der Mode- und Design-Branche
  • in der Medizin und Forschung

In der Medizin dient der 3D-Druck derzeit insbesondere der Fertigung von folgenden dreidimensionalen Objekten (sogenannten Werkstücken):

  • Implantate, zum Beispiel künstliche Kniegelenke, künstliche Kreuzbänder, Zahnimplantate, Kieferimplantate, Teile des Beckenknochens oder der Schädeldecke
  • Prothesen und Orthesen
  • Hörgeräte
  • Medikamente
  • Chirurgische Instrumente

Des Weiteren wurden bereits Gewebe und Organe mit einem Gewebe- und Organdrucker hergestellt, allerdings bislang nur in Studien. Das Ziel des 3D-Drucks in der Medizin ist es aber, zukünftig komplette funktionsfähige Organe herzustellen. Dies bezeichnet man als Bioprinting.

Der Vorteil der 3D-Druck-Technik in der Medizin ist, dass sich damit Werkstücke wie Implantate oder Prothesen erzeugen lassen, die millimetergenau an den Körper des Patienten angepasst sind. Ein beispielsweise so perfekt abgestimmtes Kieferimplantat sitzt besser und kann besser einwachsen als ein herkömmliches Implantat.

Organe aus dem 3D-Drucker

Die medizinische Forschung ist noch nicht so weit, dass sich mittels 3D-Druck komplette Organe erzeugen lassen, die einem Menschen eingepflanzt werden können. Dennoch experimentieren Forscher auf der ganzen Welt seit vielen Jahren mit sogenannten 3D-Gewebe- und Organdruckern. Sie versuchen, mittels 3D-Druck verschiedene Muskel- und Knochengewebe, zum Beispiel aus dem vollständig biologisch abbaubaren Kunststoff Poly-Capro-Lacton, der aus Erdöl gewonnen wird und thermisch gut formbar ist, nachzubilden. So ist es bereits gelungen, einige Organe auf diese Weise herzustellen, unter anderem Haut und Nieren. Diese wurden bislang jedoch nur Tieren und keinen Menschen erfolgreich implantiert.

In Deutschland versuchen unter anderem Wissenschaftler am Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart, Herzklappen mittels 3D-Druck herzustellen. Eine weitere Forschung beschäftigt sich mit dem 3D-Druck von Organmodellen wie einem Herz: Steht zum Beispiel eine schwierige Herzoperation an, können die Chirurgen vorher an einem 3D-gedruckten Herzmodell, das exakt dem Herz des Patienten entspricht, üben.

3D-Druck in der Kieferorthopädie und Zahnmedizin

In der Kieferorthopädie und Zahnmedizin ist der 3D-Druck bereits sehr etabliert und hat einige herkömmliche Methoden in Dentallaboren, wie das Fräsen oder Gießen, schon teilweise ersetzt. Mittels 3D-Druck-Technik lässt sich kleiner, optimal angepasster Zahnersatz einfach, präzise und schnell herstellen. Auch Zahnschienen und Zahnspangen können am Computer berechnet und dreidimensional gedruckt werden. Im Bereich der Kieferorthopädie lassen sich beispielsweise auf der Basis von Daten, die mit einem sogenannten DVT-Röntgen gewonnen werden, 3D-Modelle des Kiefers drucken.

3D-Druck in der Medizin: Ausblick

Es gibt bereits einige Kliniken und Praxen – auch in Deutschland –, die mit Organmodellen, Prothesen und Implantaten aus dem 3D-Drucker arbeiten. Auch ist die 3D-Druck-Technik, wie beschrieben, vor allem in der Zahnheilkunde bereits sehr etabliert. Dennoch steht der 3D-Druck in der Medizin noch am Anfang. Derzeit werden die dreidimensionalen Werkstücke meistens noch aus künstlichen Materialien hergestellt. In Zukunft aber könnte zum Beispiel das Drucken von implantierbaren Organen aus menschlichen Stammzellen möglich sein. Dieses sogenannte Bioprinting würde die Medizin revolutionieren, da es den Bedarf an Spenderorganen senken oder komplett ersetzen könnte.

Doch bis es so weit ist, muss noch viel geforscht werden und es müssen noch viele Fragen geklärt werden, unter anderem:

  • Wie ist die Langzeit-Prognose – wie lange hält das Material aus dem 3D-Drucker? Da die 3D-Druck-Technik erst seit ein paar Jahren angewandt wird, gibt es noch keine Langzeit-Erfahrungen.
  • Wie reagiert das körpereigene Abwehrsystem (Immunsystem) auf das Material? Stößt der Körper es nach einiger Zeit möglicherweise ab?
  • Kann im 3D-Drucker erzeugtes Gewebe (z.B. Muskel- oder Knochengewebe) bösartig entarten, also Krebs entstehen?
  • Sprechen medizinethische Gründe dagegen, Organe mit dem 3D-Drucker herzustellen – also sich quasi Organe bei Bedarf einfach nachdrucken zu lassen?

Weitere Informationen

Autor: Redaktion medproduction.de
Medizinische Qualitätssicherung: Dr. med. Martin Waitz
Datum der letzten Aktualisierung: August 2021
Quellen:
Bitkom: Einsatzbereiche von 3D Druck. https://www.bitkom.org/Themen/Technologien-Software/3D-Druck/Einsatzbereiche.html (Abruf: August 2021)
Planet Wissen: 3D-Druck – Körperteile aus dem Drucker. https://www.planet-wissen.de/technik/computer_und_roboter/dreidimensionaler-druck/dreidimensionaler-druck-medizin-102.html (Abruf: August 2021)
Universitätsspital Basel: 3D-Druck revolutioniert die Medizin. https://www.unispital-basel.ch (Abruf: August 2021)
Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (VDE): Anwendungspotential der 3D-Drucktechnik in der Medizin. https://www.vde.com/topics-de/health/aktuelles/anwendungspotential-3-d-drucktechnik (Abruf: August 2021)