Endlich wieder unbeschwert bewegen: Künstliche Gelenke (Endoprothesen) als Therapieoption bei schwerer Arthrose

Arthrose (Gelenkverschleiß) ist die häufigste Gelenkerkrankung in Deutschland: Bei jedem Fünften über 50 finden sich im Röntgenbild die für Arthrose typischen Veränderungen an Hüft- oder Kniegelenk, jeder Zehnte leidet unter Arthrose-bedingten Symptomen wie Schmerzen oder Gehbeschwerden. Ursache ist zumeist eine Überlastung des Gelenks, in deren Folge der Knorpel langsam verschleißt und so die Bewegung der Knochen nicht mehr ausreichend abfedern kann. Konservative Maßnahmen wie Physiotherapie und Schmerzmittel können für Linderung sorgen, doch manchmal führt kein Weg an einer Operation vorbei. Hier erfahren Sie alles Wissenswerte zu Arthrose und künstlichen Gelenken (Endoprothesen).

Verletzung, Entzündung, Übergewicht: Es gibt viele mögliche Ursachen für eine Arthrose

Wenn Hüft- oder Knieschmerzen auftreten, ist dies ein typisches Symptom für eine Arthrose (Gelenkverschleiß). Häufig treten die Schmerzen nur dann auf, wenn das betroffene Gelenk für eine längere Zeit ruhiggestellt war, und die Schmerzen bessern sich nach einigen Minuten der Bewegung. Von diesem sogenannten Anlaufschmerz unterscheidet sich der Belastungsschmerz dadurch, dass sich die Schmerzen mit zunehmender Belastung verschlimmern.

Bei Arthrose handelt es sich um eine degenerative Gelenkerkrankung, das heißt, der Zustand des betroffenen Gelenks verschlechtert sich mit der Zeit. Je nach Ort des Gelenkverschleißes unterscheidet man beispielsweise Koxarthrose (Hüftgelenks-Verschleiß) oder Gonarthrose (Kniegelenks-Verschleiß). Um eine Arthrose sicher zu diagnostizieren, befragt der Arzt den Erkrankten zuerst in einem Gespräch gründlich zu Vorerkrankungen, Verletzungen, körperlicher Belastung in Beruf und Freizeit, eingenommenen Medikamenten sowie zu Ausmaß, Lokalisation und zeitlichem Verlauf der Schmerzen. Danach untersucht der Arzt den allgemeinen Zustand des Bewegungsapparats und das betroffene Gelenk auf seine Beweglichkeit. Zudem fertigt er mittels Röntgen-Untersuchung oder Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) eine Aufnahme vom Gelenk an. Dadurch kann er typische Veränderungen am Knochen feststellen. Eine Ultraschall-Untersuchung (Sonografie) kann insbesondere notwendig sein, um einen Kniegelenks-Erguss aufzuspüren, wenn das Gelenk zusätzlich entzündet ist.

Die möglichen Ursachen einer Arthrose sind vielfältig. Unter anderem kann eine Arthrose durch folgende Faktoren ausgelöst werden:

  • angeborene Fehlstellung des betroffenen Gelenks, beispielsweise Hüftdysplasie
  • vermehrte Belastung, beispielsweise durch Übergewicht
  • Verletzung, beispielsweise durch Knochenbruch (Fraktur) oder Verrenkung (Luxation)
  • Stoffwechselstörung wie Diabetes mellitus
  • Rheumatische Erkrankungen, beispielsweise Gicht
  • Infektionen mit Bakterien und anderen Erregern
  • Fehlstellungen der Beine (X-/ O-Beine) oder Füße (Knick-, Senk-, Spreizfuß)

Wie kann Arthrose behandelt werden?

Je nach Ausmaß der Arthrose sind verschiedene Therapiemaßnahmen erforderlich. Ziel einer jeden Therapie ist es, den Gelenkverschleiß zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Außerdem dient die Therapie dazu, die Schmerzen zu lindern und die Funktion des Gelenks zu verbessern. Da der Grund für die Arthrose häufig unbekannt bleibt, kann meist nicht die Ursache therapiert werden, sondern lediglich die Symptome.

Zuerst wird der Arzt versuchen, mit einer konservativen Therapie (das heißt ohne zu operieren) die Beweglichkeit des Gelenks wieder herzustellen und die Schmerzen zu lindern. Da jedes unnötige Kilogramm Körpergewicht die Gelenke zusätzlich belastet, ist bei übergewichtigen Personen eine Gewichtsreduktion ratsam. Physiotherapie und gelenkschonendes Ausdauertraining wie Schwimmen oder Radfahren helfen dabei, überschüssige Pfunde purzeln zu lassen und gleichzeitig die Muskulatur zu stärken. Tritt die Arthrose zusammen mit einer Gelenkentzündung (Arthritis) auf, können Kälte oder eine Elektrotherapie schmerzlindernd wirken. Wenn es sich dagegen um eine nichtentzündliche Arthrose handelt, hilft oft eine Wärmetherapie.

Auch eine medikamentöse Therapie kann bei Arthrose notwendig sein. Hierzu gehören Arzneimittel wie beispielsweise Paracetamol und nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac. Bei einer akuten Entzündung des Gelenks können Glukokortikoide wie Kortison hilfreich sein. Diese werden meist direkt in das Gelenk gespritzt – oft in Kombination mit einem lokalen Betäubungsmittel. Die Wirksamkeit von Vitaminpräparaten, pflanzlichen Arzneien (z.B. Teufelskralle) oder homöopathischen Mitteln ist dagegen bisher nicht ausreichend belegt. Orthopädische Maßnahmen wie Pufferabsätze und Abrollhilfen können dabei helfen, das betroffene Gelenk zu entlasten.

Wenn die konservative Therapie an ihre Grenzen stößt, wird eine operative Therapie notwendig. Hierbei unterscheidet man zwischen gelenkerhaltenden und gelenkersetzenden Operationen. Im ersten Fall richtet der Arzt beispielsweise eine Fehlstellung des Gelenks, um die Belastung des Gelenks zu vermindern und den Gelenkverschleiß zu stoppen. Im Fall einer gelenkersetzenden Operation ersetzt der Arzt entweder nur einen Teil des Gelenks (Schlitten-Prothese), oder er tauscht das ganze Gelenk aus (Total-Endoprothese, TEP).

Für jeden das passende künstliche Gelenk

Wenn die Verminderung der Beweglichkeit oder andauernde starke Schmerzen die Lebensqualität erheblich einschränken, ist es Zeit für ein künstliches Gelenk. In den Körper implantierte künstliche Gelenke oder Gelenk-Teile bezeichnet man als Endoprothesen. Die am häufigsten eingesetzten Endoprothesen sind das künstliche Kniegelenk sowie das künstliche Hüftgelenk. Beim Knie gilt es zuerst festzustellen, wie weit der Gelenkverschleiß fortgeschritten ist. Wenn nur ein Teil des Kniegelenks von der Arthrose betroffen ist und der Kapselbandapparat samt Kreuz- und Seitenbändern voll funktionsfähig ist, reicht eine Schlitten-Prothese aus. Hierbei werden minimalinvasiv die erkrankten Gelenkoberflächen an Oberschenkel und Schienbein durch künstliche Gleitflächen ersetzt. Das Verfahren ist besonders knochenschonend.

Wenn die Voraussetzungen für eine Teilprothese nicht vorliegen, kommt eine Total-Endoprothese zum Einsatz. Man unterscheidet – je nachdem, ob das künstliche Gelenk mit Knochenzement im Knochen verankert wird oder nicht – zwischen zementierter Prothese, zementfreier Prothese und Hybrid-Prothese, bei der ein Teil zementiert und ein Teil zementfrei ist. Typische Werkstoffe für die Gleitflächen von Total-Endoprothesen sind Keramik, Kunststoff (zum Beispiel Polyethylen) und Metall (beispielsweise Kobalt-Chrom-Molybdän-Legierungen). Da es eine Vielzahl von unterschiedlichen Prothesen-Designs und Materialkombinationen gibt, ist es wichtig, dass der behandelnde Arzt ein erfahrener, auf Endoprothetik spezialisierter orthopädischer Chirurg ist.

Wie lange hält eine Prothese?

Die tatsächliche Lebensdauer hängt von zahlreichen Faktoren wie Prothesen-Mechanik, Alter, Aktivität, Gewicht und Knochenqualität ab. Man kann davon ausgehen, dass mehr als 95% der Prothesen nach 10 Jahren noch in Funktion sind. Nachdem Sie ein künstliches Gelenk erhalten haben, können Sie selbst viel dafür tun, damit es möglichst lange seinen Dienst in Ihrem Körper tun kann.

Weitere Informationen

Patienteninformation zum künstlichen Kniegelenk der Orthopädie-Klinik ORTHOPARC: www.orthoparc.de
Patienteninformation zum künstlichen Hüftgelenk der Orthopädie-Klinik ORTHOPARC: www.orthoparc.de
 
Autor: Dr. Annukka Aho-Ritter
medproduction, www.medproduction.de
Datum: Februar 2015
Quellen:
Breusch, St. et al.: Klinikleitfaden Orthopädie Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2009
Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2015
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) et al.: Endoprothese bei Gonarthrose. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 012/008 (Stand: 06/2009)
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC) et al.: Koxarthrose. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 033/001 (Stand: 11/2009)
Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU): Endoprothese bei Koxarthrose. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 012/006 (Stand: 05/2008)