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Macht Nachtschicht in der Pflege krank?
Nachtschichten sind in der Pflege Alltag, denn kranke und hilfsbedürftige Menschen müssen auch nachts betreut werden. Einige Pflegerinnen und Pfleger arbeiten ausschließlich nachts, aber bei den meisten wechseln sich Dienste am Tag und in der Nacht ab. Doch was macht diese Nachtarbeit mit der Gesundheit des Pflegepersonals? Können regelmäßige Nachtdienste den Biorhythmus des Menschen so durcheinanderbringen, dass sie auf Dauer krank machen? Erfahren Sie hier mehr über die möglichen gesundheitlichen Folgen von Nachtschichten in der Pflege und, wie Sie ihnen vorbeugen können.
Viele Berufsgruppen, allen voran Pflegerinnen und Pfleger in Krankenhäusern, Pflegeheimen sowie in der ambulanten Pflege, müssen sowohl tagsüber als auch nachts arbeiten. Ihre Arbeit ist immens wichtig, denn Pflegebedürftige benötigen rund um die Uhr Hilfe. Studien haben untersucht, welche gesundheitlichen Auswirkungen diese Schichtarbeit für die Pflegenden haben kann. Das Ergebnis: Von Verdauungsbeschwerden bis hin zu Depressionen – Schichtarbeit ist nicht nur anstrengend, es kann auch gesundheitsbelastend sein. Doch es gibt auch positive Seiten: Ob jemand durch die Nachtschichten tatsächlich krank wird, hängt von mehreren Faktoren ab, und die meisten kann man beeinflussen.
Was genau versteht man unter Nachtarbeit?
Gemäß der Definition des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG § 2) ist Nachtarbeit die Zeit, in der man zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens arbeitet. Sie gilt für die ambulante Pflege und für private Pflegeheime. Laut Tarifvertrag (TVöD §7 Abs.5) für den öffentlichen Dienst hingegen beginnt die Nachtarbeit um 21 Uhr und endet um 6 Uhr. Jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit einschließt, gilt nach dem Gesetz als Nachtarbeit. Wer mindestens 48 Tage im Jahr nachts arbeitet, kann sich als Nachtarbeiter bezeichnen.
Wer muss Nachtdienste machen?
Jede angestellte Pflegerin und jeder Pfleger muss grundsätzlich auch Nachdienste machen. Ausgenommen sind Jugendliche sowie schwangere und stillende Frauen. Auch wenn gesundheitliche Gründe gegen eine Nachtarbeit sprechen, können Ausnahmen gemacht werden, sofern dies arbeitsmedizinisch gerechtfertigt ist. Des Weiteren müssen Pflegende keine Nachtschichten machen, wenn in ihrem Haushalt ein Kind unter zwölf Jahren und keine andere Bezugsperson, die sich um das Kind kümmern könnte, lebt. Auch wenn die Pflegeperson alleine einen schwer kranken Angehörigen pflegen muss, ist sie vom Nachtdienst befreit. Wer über 50 Jahre alt ist, kann jährlich eine arbeitsmedizinische Untersuchung durchführen lassen, um festzustellen oder auszuschließen, ob gesundheitliche Gründe gegen die Nachtarbeit vorliegen. Die Arztkosten hierfür trägt der Arbeitgeber. Wer jünger als 50 Jahre ist, kann diese Untersuchung vor dem Beginn seiner Beschäftigung sowie ab dann alle drei Jahre vornehmen lassen.
Welche Gesundheitsrisiken haben Nachtdienste?
Studien haben gezeigt, dass Schichtarbeit, also der Wechsel von Tages- und Nachtdiensten, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sehr anstrengend und gesundheitsbelastend sein kann. Grund dafür ist vor allem, dass die „innere Uhr“, auch „Biorhythmus“ genannt, durcheinandergerät. In den Nachtschichten arbeiten die Menschen entgegen des biologischen Rhythmus ihres Körpers und bringen ihn damit durcheinander. Viele Körperfunktionen, wie Blutdruck, Puls, Atmung, Körpertemperatur und Verdauung, folgen einem bestimmten Tag-Nacht-Rhythmus. Er ist unter anderem von der Helligkeit (Tageslicht) und der Temperatur abhängig. Tagsüber sind wir aktiv, konzentriert und leistungsfähig und nachts sind wir müde, entspannt und unser Körper erholt sich im Schlaf. Wer dauerhaft gegen seine innere Uhr arbeitet, riskiert gesundheitliche Probleme.
Mögliche Gesundheitsprobleme bei Schichtarbeit sind:
- Schlafstörungen
- Abgeschlagenheit und Müdigkeit
- Appetitlosigkeit
- Verdauungsbeschwerden
- Unruhe und Nervosität
Wer diese körperlichen und psychischen Anzeichen ignoriert und weiterhin Nachtdienste ableistet, riskiert weitere Gesundheitsprobleme. Unter anderem ist das Risiko für folgende Krankheiten erhöht:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck
- Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit)
- Magen-Darm-Erkrankungen wie Magengeschwüre
- Depressionen
- Essstörungen
- Vitamin-D-Mangel durch den Mangel an Sonnenlicht bei ausschließlicher Nachtarbeit
Mehr Probleme mit Nachtschicht ab 50 Jahren
Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen über 50 Jahre im Durchschnitt mehr gesundheitliche Probleme haben als jüngere, wenn Sie im Schichtdienst arbeiten müssen. Die Gründe sind, dass in der zweiten Lebenshälfte generell mehr körperliche und psychische Beschwerden auftreten. Zudem lässt die Regenerationsfähigkeit des Körpers mit zunehmendem Alter nach. Außerdem haben Menschen über 50 meist schon viele Jahre bis Jahrzehnte im Schichtdienst gearbeitet und ihren Körper auf Dauer überlastet. Dies gilt vor allem, wenn sie körperliche und psychische Warnsignale wie Schlafstörungen, chronische Abgeschlagenheit oder Verdauungsprobleme hingenommen haben, ohne sie behandeln zu lassen. Nachtschichten bereiten älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv mehr Mühe. Hier ist es besonders wichtig, sich Hilfe zu holen, wenn gesundheitliche Probleme auftreten.
Wie kann ich Gesundheitsproblemen vorbeugen?
Ob Sie gesundheitliche Probleme entwickeln, wenn Sie in der Nachtschicht arbeiten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So wirkt es sich vorbeugend aus, wenn Sie in Ihren Nachtdiensten eine Struktur haben, zum Beispiel regelmäßig Ihre Mahlzeiten einnehmen und Pausen machen können. Sowohl Sie selbst als auch Ihr Arbeitgeber kann mit einigen Maßnahmen dafür sorgen, dass Sie trotz Schichtarbeit gesund bleiben.
- Arbeitszeiten: Es ist wichtig, dass Sie pünktlich anfangen, aber auch dass Sie pünktlich Ihre Arbeit beenden. Hängen Sie nach der Nachtschicht noch ein paar Überstunden dran, kann dies auf Dauer Ihrer Gesundheit schaden. Das Arbeitszeitgesetz regelt auch, dass Sie während Ihrer Schicht Pausen machen müssen und dass zwischen Ihren Schichten eine ausreichend lange Zeit von elf Stunden zur Regeneration liegen muss. Ihr Arbeitgeber sollte Ihnen für Ihre Pausen einen geeigneten Ruheraum zur Verfügung stellen.
- Arbeitsmedizinische Untersuchungen: Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihnen in bestimmten Abständen Vorsorgeuntersuchungen durch einen Arbeitsmediziner zu bezahlen. Der Arzt stellt fest, ob Sie gesundheitlich fit genug sind, um weiterhin Nachtschichten abzuleisten.
- Schichtsystem: Damit Sie nicht zu viele Nachtschichten machen müssen, ist es wichtig, dass Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen in Schichtplänen Ihre Nachtdienste festlegen. Es ist darauf zu achten, dass die Dienste gerecht verteilt werden. Berücksichtigen Sie dabei auch besondere Tage, wie Ihren Geburtstag oder einen Feiertag in Ihrer Familie, an dem Sie nicht arbeiten möchten und nehmen Sie hier auch Rücksicht auf die Wünsche Ihrer Kolleginnen und Kollegen.
- Freizeitausgleich: Nachtdienste werden meistens höher bezahlt als die Arbeit am Tag. In manchen Fällen ist aber auch ein Freizeitausgleich möglich. Wenn Sie und Ihr Arbeitgeber dies einrichten können, nehmen Sie am besten ein paar Tage am Stück frei, anstatt nur einzelne Tage. So erholt sich Ihr Körper besser von der Nachtschicht.
- Denken Sie positiv: Auch wenn Ihre Nachtschichten belastend sind, so erfüllen Sie mit Ihrem Job eine immens wichtige Aufgabe! Sie kümmern sich um pflegebedürftige Menschen, die nun mal auch nachts Ihre Hilfe benötigen. Positives Denken kann nachweislich die Gesundheit fördern. Wer positiv denkt, lebt nicht nur gesünder, sondern ihm bringt die Arbeit auch mehr Spaß und Erfüllung.
- Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl: Wenn Sie merken, dass Ihnen die Nachtarbeit auf Dauer schadet und sich keine Möglichkeit findet, dies zu verbessern, sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber: Gibt es eine Alternative zu Ihren Nachtdiensten? Können Sie in den Tagesdienst wechseln? Falls Sie sich nicht trauen, Ihren Arbeitgeber zu fragen, wenden Sie sich an Ihre Hausärztin oder Ihren Hausarzt oder an den arbeitsmedizinischen Dienst. Wenn Sie dauerhaft unter Schlafstörungen, Unruhe oder Verdauungsproblemen leiden und Sie zunehmend unzufriedener auf der Arbeit und im Privatleben werden, sollten Sie sich Hilfe holen, bevor Sie durch die Nachtschichten ernsthaft krank werden. Es findet sich immer eine Lösung.
Weitere Informationen
Autor: Redaktion medproduction
Medizinische Qualitätssicherung: Dr. med. Martin Waitz
Datum: November 2020
Quellen:
EUROPÄISCHE STIFTUNG zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen: Schichtarbeit und Gesundheit. https://docplayer.org/15285106-Schichtarbeit-und-gesundheit-europaeische-zeitstudien-europaeische-stiftung-zur-verbesserung-der-lebens-und-arbeitsbedingungen.html (Abruf: November 2020)
Hans-Böckler-Stiftung: Schichtarbeit gesund und sozial verträglich gestalten. https://www.boeckler.de/pdf/p_fofoe_report_003_2018.pdf (Stand: März 2018)
Gesundheitszentrale: Besser schlafen nach einer Nachtschicht. https://www.gesundheitszentrale.eu/besser-schlafen-nach-einer-nachtschicht (Abruf: November 2020)