Wurst und Fleisch: Krebsgefahr auf dem Teller?

Die Pressemitteilung der Internationalen Krebsforschungsagentur IARC (International Agency for Research on Cancer) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlug bei ihrer Veröffentlichung in den Medien hohe Wellen: Prozessiertes Fleisch wird als krebserregend, rotes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Der Wortlaut klingt zunächst angstmachend und irritierend, wird doch gleich eine ganze Gruppe weit verbreiteter Lebensmittel in eine Kategorie eingeordnet, in der die WHO auch Alkohol, Tabak und Diesel-Abgase listet.

Doch was bedeutet die Meldung wirklich für Menschen, die regelmäßig rotes und/oder verarbeitetes Fleisch konsumieren? Wie kommt die IARC zu ihrer Einschätzung und was sagt sie über das Krebsrisiko für den Einzelnen aus? Lesen Sie hier die wichtigsten Fakten über das Krebsrisiko, das von verarbeitetem und rotem Fleisch ausgeht!

Was ist rotes beziehungsweise verarbeitetes Fleisch?

Bei rotem Fleisch handelt es sich um das Muskelfleisch von Säugetieren, also das Fleisch von Rind, Schwein, Lamm, Pferd etc. Geflügel hingegen zählt nicht dazu.

Unter verarbeitetem Fleisch versteht man Fleisch, das bereits in verschiedenster Weise behandelt wurde, um es haltbarer zu machen oder den Geschmack zu verändern. Dies trifft zum Beispiel zu auf geräuchertes oder getrocknetes Fleisch, auf Pökelfleisch, aber auch auf Fleischprodukte wie Bratwurst, Hot Dogs, Schinken, Salami und Fleischsoßen.

Worauf beruht die Einordnung der IARC?

Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) untersucht in übergeordneten Studien die Datenlage bezüglich der Krebsgefahr, die von verschiedenen Umwelteinflüssen ausgeht. Dies können Chemikalien oder Strahlung sein, aber auch Lebens- und Genussmittel. Seit ihrer Gründung 1971 hat die IARC die Studienlage zu über 900 Umweltfaktoren ausgewertet und in sogenannten Monografien veröffentlicht. Im Fall von rotem und verarbeitetem Fleisch wurden zum Beispiel über 800 Studien aus verschiedenen Ländern von einem internationalen Team aus 22 Wissenschaftlern verglichen und bewertet.

Je nach Studienlage erfolgt die Einordnung in eine der vier Gruppen:

  • Gruppe 1: Krebserzeugend (karzinogen) für den Menschen
  • Gruppe 2A: Wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen
  • Gruppe 2B: Möglicherweise krebserzeugend für den Menschen
  • Gruppe 3: Nicht klassifizierbar bezüglich der Karzinogenität für den Menschen
  • Gruppe 4: Wahrscheinlich nicht krebserzeugend für den Menschen

Die Einteilung klassifiziert also die Eindeutigkeit der Studienlage in Bezug auf eine Substanz, nicht direkt die mögliche Gefahr, die von ihr ausgeht. Rotes Fleisch wird nach Auswertung der verfügbaren Studien in die Gruppe 2A eingeordnet, verarbeitetes Fleisch in die Gruppe 1.

Dies bedeutet nicht, dass verarbeitetes Fleisch gefährlicher ist als rotes, sondern zunächst einmal nur, dass die Studienergebnisse bezüglich der Krebsgefahr eindeutiger sind. Auch bedeutet es nicht, dass der Verzehr von Bratwurst so gefährlich ist wie Rauchen, sondern nur, dass die Studienergebnisse in Bezug auf die Krebsentstehung ähnlich eindeutig sind.

Wie groß ist die Krebsgefahr von Wurst und Fleisch für den Einzelnen?

Der Verzehr von täglich 50 Gramm prozessiertem Fleisch erhöht das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken um 18 Prozent. Dies klingt zunächst gefährlich, denn 50 Gramm entsprechen gerade einmal ca. drei Scheiben Wurst. Die Aussage sollte allerdings unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, dass das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, für den Einzelnen gering ist. Es erhöht sich allerdings mit der Menge an verzehrtem Fleisch.

Während der Zusammenhang von Wurst- und Fleischverzehr vor allem für Darmkrebs beobachtet wird, finden sich ähnliche Hinweise für die Entstehung von Bauchspeicheldrüsen– und Prostatakrebs.

Obwohl das Risiko, an einer dieser Krebsarten zu erkranken, durch den Verzehr von verarbeitetem und/oder rohem Fleisch nur geringfügig erhöht wird, ist der gefundene Zusammenhang von großer Bedeutung für die Allgemeinheit, da Wurst und rotes Fleisch weltweit in großem Umfang konsumiert werden.

Wieviel Wurst und rotes Fleisch darf ich essen?

Während verarbeitete Fleischprodukte wie Würstchen oft einen hohen Fettgehalt aufweisen, stellt rotes Fleisch ein durchaus wertvolles Nahrungsmittel in Bezug auf die Versorgung mit Nährstoffen wie Eisen dar. Dennoch empfiehlt es sich, den Konsum einzuschränken, zumal viele Menschen viel zu viel Fleisch essen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, Fleisch und Wurst lediglich in Maßen (300 bis 600 Gramm pro Woche) zu essen und dabei Geflügel zu bevorzugen. Die Realität sieht anders aus: Von den 2013 in Deutschland pro Kopf verzehrten 60,3 Kilogramm Fleisch – dies entspricht fast 1,2 Kilogramm pro Woche – entfielen lediglich 11,6 Kilogramm auf Geflügel, aber allein 38,1 Kilogramm auf Schweinefleisch.

Die Eingruppierung der IARC von Wurst und Fleisch als krebserregend soll keine übermäßige Angst erzeugen, wohl aber sollte sie Anlass geben, die eigenen Ernährungsgewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen. Die eine oder andere fleischfreie Abwechslung lässt sich sicher in den Speiseplan einbauen und ist eine Gelegenheit, Neues für sich zu entdecken.

Weitere Informationen

Autor: Dr. Katja Brennan, Diplom-Biologin
Datum: Oktober 2015
Quellen:
Internationale Krebsforschungsagentur (IARC): http://monographs.iarc.fr/ENG/Classification/index.php (Abruf 10/2015)
Internationale Krebsforschungsagentur (IARC): http://monographs.iarc.fr/ (Abruf 10/2015)
Internationale Krebsforschungsagentur (IARC): http://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2015/pdfs/pr240_E.pdf
Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/ (Abruf 10/2015)
Bundesverband der deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF) e.V.: http://www.bvdf.de/in_zahlen/tab_05 (Abruf 10/2015)